Julia - The Munich Stylist

Julia - The Munich Stylist

Ein inspirierendes Gespräch mit Julia von Almsick, Gründerin von The Munich Stylist. Julia begleitet Menschen dabei, ihren ganz persönlichen Stil zu entdecken – und das auf eine nachhaltige Art und Weise. Uns verbindet nicht nur die Liebe zur Mode, sondern auch das Streben nach nachhaltigen Lösungen in der Fashionwelt. Wir haben uns bei einem Farbevent zum ersten Mal live getroffen und sofort festgestellt: Wir sind auf einer Wellenlänge! In unserem heutigen Interview möchten wir mehr über ihre Arbeit und ihre Vision für nachhaltige Mode erfahren.

 

Wie bist du dazu gekommen, als Stilberaterin mit Fokus auf Nachhaltigkeit zu arbeiten?

Man kann sagen, dass ich Mode und Bekleidung von der Pike auf gelernt habe, weil Mode mich schon immer regelrecht in den Bann gezogen hatte. Nach einer Maßschneiderlehre habe ich Bekleidungstechnik studiert und danach 20 Jahre Arbeitserfahrung in den verschiedensten Bereichen und Unternehmen und Ländern der Bekleidungsherstellung gesammelt. Ich hatte das Glück, sowohl bei großen hochwertigen Unternehmen zu arbeiten, als auch Start-Ups tatkräftig bei der Kollektionsumsetzung und Produktion zu unterstützen. Wenn man so lange dabei ist, ist man auch zwangsläufig mit all den Schattenseiten der Industrie konfrontiert: Überproduktion, Überkonsum, steigenden Margen bei sinkender Qualität und immer neue Trenddiktate. 2012 kam der Zeitpunkt, wo ich dabei nicht mehr mitmachen wollte.

Mir wurden Achtsamkeit mit Ressourcen, Empowerment durch individuelles, selbstbewusstes Styling immer wichtiger und da mich auch Freundinnen dazu ermutigt haben, mein Wissen und meine Erfahrung mit anderen zu teilen und sie dabei in ihren Kaufentscheidungen zu unterstützen, habe ich mich langsam mit dem Gedanken gespielt, das beruflich zu machen. Ich arbeite unheimlich gerne mit Leuten zusammen, nähe schon immer sehr viel und stellte wieder und wieder fest, dass mein Wissen Menschen, die nicht aus der Branche kommen unglaublich hilft und auch ein großer Wissensdurst bezüglich Kleidung und der eigenen Gestaltung der Garderobe besteht. Ich denke, ich kann, was achtsamen und wertschätzenden Umgang mit der Art sich zu Kleiden angeht, wirklich etwas bewirken.

 

Wie sieht dein Ansatz aus, wenn es darum geht, nachhaltigen Stil für deine Kundinnen zu entwickeln? Gibt es bestimmte Prinzipien oder Methoden, denen du folgst?

Ein nachhaltiger Kleidungsstil besteht aus recht vielen Komponenten: der Langlebigkeit eines Produktes, der Qualität, der Verarbeitung, der Herstellung, der Trendunabhängigkeit. Ganz wichtig ist es auch, ein Bewusstsein für den eigenen Stil und für die sehr individuellen Voraussetzungen des eigenen Körpers zu entwickeln und die Lebensumstände für die ich mich kleide einzubeziehen. 

Das nachhaltigste Kleidungstück ist das, was schon im Schrank ist und daher baut meine Beratung darauf auf, das Vorhandene optimal zu nutzen und durch neue Kombinationen und Umarbeitungen, aber auch das bewußte Aussortieren von Dingen, die nicht (mehr) passen, zur einer stimmigen Gesamtkollektion zu machen. Das mache ich, indem ich zusammen mit der Kundin ihren Wunschstil zu Papier bringe.

Das Umarbeiten ist sowieso mein Joker – denn wer hat nicht gerne maßangepasste Stücke im Schrank?

 

Welche Rolle spielen Farben für dich in der Stilberatung – gerade im Kontext von Nachhaltigkeit?

Ich betrachte Farben und ihren Einsatz eher in ihrer Gesamtwirkung, das heißt in ihrer psychologischen und emotionalen Wirkung. Farben sind mächtig, sie können uns zur Sichtbarkeit verhelfen, uns Professionalität ausstrahlen lassen, unsere Stimmung heben und uns stark machen.

Ich bin kein Freund von Far-Typisierungen. Aus zwei Gründen: ich finde eine festgesetzte Farbpalette viel zu einschränkend und habe leider auch die ein – oder andere Kundin, die durch die Zuteilung in ein bestimmtes Farbschema absolut verunsichert wurde. Dadurch gehen die Leichtigkeit, der Spaß und die Kreativität, die beim Ankleiden ein so wichtiger Bestandteil sind, verloren. Und zum zweiten ist das Erste, was nach einer Farbberatung passiert, ein Shoppingtrip – um endlich die „richtigen“ Farben zu kaufen. Obwohl der Schrank zu Hause eigentlich voll ist, vielleicht sogar mit vielen Teilen, die man wirklich mochte, von denen man aber jetzt denkt, dass sie einen blass, krank und schwach aussehen lassen. Wie schade, oder? Meine Mission ist es, das, was schon vorhanden ist passend zu machen und bis auf wenige Ausnahmen bei Farben, die auffällig nicht ins Gesamtkonzept passen, geht das immer.

 

NINA REIN steht für nachhaltige, elegante und zeitlose Mode. Wie wichtig findest du es, dass Marken wie NINA REIN in der Fashion-Welt mehr Raum bekommen?

Ich drücke es mal ganz überspitzt aus: diese Attribute sind heute die einzige Berechtigung, überhaupt weiterhin Kleidung herzustellen. Wenn wir wirklich noch länger gut auf der Erde leben wollen, geht es nicht anders.  Unser Planet beherbergt so viel Kleidung, dass für die nächsten 6 Generationen genug vorhanden wäre. Wir sind nicht mehr auf dem Wissenstand und dem Bedarf von vor 70 Jahren, immer im Aufbau, immer mehr und immer schneller, Raubbau um jeden Preis. Wenn wir hinsehen wollen, sehen wir ganz klar, wo uns das hingebracht hat: zu massiver Umweltverschmutzung durch Plastik, das mittlerweile sogar in unserem Gehirn nachgewiesen wird, einem unglaublichen Verlust an Qualität, zu Kaufsucht, zu Trendabhängigkeit, zu fürchterlichem Tierleid und zu unglaublichen Minderwertigkeitsgefühlen, wenn man nicht im Fashiongame mitspielen kann. Und bei all dem ist die große Masse schlechter gekleidet, als das vor 70 Jahren der Fall war.

 

Gibt es bestimmte Teile oder Trends, die du als nachhaltige Must-haves für jede Frau in ihrem Kleiderschrank siehst? Wie hilft dabei eine Marke wie NINA REIN?

Trends eher nicht, Teile absolut, und da gibt es einige. Sie alle haben gemeinsam, dass man sie sowohl up-dressen, als auch down-dressen kann und dass sie die perfekten Verbindungsstücke zu den anderen Stücken in der Garderobe darstellen: dh. ich kann sie für fast alle Gelegenheiten einsetzen und muss nur den Stylingkontext darum herum verändern. Konkret sind das folgende Stücke: ein gut sitzender, gut verarbeiteter Blazer aus guter, langlebiger Qualität, ein feiner, schlichter (Woll)rollkragenpullover, der sowohl gelayert als auch alleine eingesetzt wird, ein Seiden- oder Tencel Top zum Layern, eine richtig gut sitzende Hose aus hervorragender Qualität, ein Kleid, in dem man sich sicher und stark fühlt und ein weißes Hemd aus 100% Naturfasern, am besten eine hochwertige, langstaplige Bio-Baumwolle.

Und hochwertige Schuhe. Die werden oft unterschätzt, dabei steht und fällt ein Outfit mit der Schuhwahl. Bei Schuhen sollte man das beste kaufen, was man sich leisten kann und wenn das nicht so viel ist, Second Hand. 

 

Mode und Nachhaltigkeit scheinen oft im Widerspruch zu stehen, gerade wenn es um Schnelllebigkeit und Konsum geht. Wie gehst du als Stilberaterin damit um?

Sie stehen ja nur im Widerspruch, wenn wir auf Masse und Trends setzen. Wenn wir auf Stil setzen tun sie das nicht: schau dir mal Stilikonen wie Jane Birkin, Carolyn Bessette-Kennedy, Marilyn Monroe, Holly Golightly, Coco Chanel etc. an: die hatten alle ihren ganz eigenen individuellen Stil, völlig trendunabhängig und gelten bis heute als Stilvorbilder, weil sie Kleidung dazu nutzen, ihre individuelle Stilpersönlichkeit zu betonen. Wenn diese Frauen sich Trenddiktaten unterworfen hätten, wären sie niemals selbst zu Trendsetterinnen stilisiert worden. Daher ist meine Beratung darauf fokussiert, den eigenen Stil herauszuarbeiten und das zu tragen, was zur Persönlichkeit, Figur und der gewünschten Wirkung passt. Es spielt keine Rolle, wie viel du im Schrank hast und wie oft das erneuert wird. Es muss das richtige sein und es sollte perfekt für dich sein – nicht für das Trenddiktat.

 

Welche Tipps hast du für Menschen, die mehr Nachhaltigkeit in ihre Garderobe bringen wollen, ohne dabei ihren individuellen Stil zu verlieren?

Der erste Schritt ist, sich wirklich mit dem eigenen Stil auseinanderzusetzen: wie möchte ich gerne aussehen und wirken? Welche Looks gefallen mir an anderen und warum? Und sich ehrlich hinterfragen: bin das ich, oder ist das ein Trend? Und das zweite ist, sich mit Qualität, Passform und Verarbeitung auseinanderzusetzen, zu lernen, wie ich sie erkennen kann. Und dann mal den eigenen Schrank aus dieser Perspektive zu analysieren. Beim Einkaufen hilft es, wenn ich eine Bedarfsliste habe und wirklich nur das kaufe, was ich für meine Garderobe wirklich brauche. Oft sind das hochwertige Basics.

 

Vielen Dank liebe Julia, für dieses spannende Interview! 

Wenn Ihr auf der Suche nach noch mehr Tips und Tricks seid, werdet Ihr bestimmt bei @themunichstylist fündig.